Glücksgefühle im Hort der Fantasie
Foto: Gerald Förtsch
Unterföhring – Das Unterföhringer Bürgerhaus wird zum Hort der Fantasie, wo Kreative unterschiedlicher Disziplinen Kunst produzieren: Zwei Künstlerinnen sind im zweiten Stock eingezogen und freuen sich über kunstinteressierte Besucher in ihren offenen Ateliers.
Die Malerin Bettina Zastrow (43) ist die erste Mieterin im Bürgerhaus und sie verspürt jedes Mal ein riesiges Glücksgefühl, wenn sie aus ihrer Wohnung in der Fichtenstraße ins Atelier geht. München ist bekanntlich ein teures Pflaster, für einen Künstler grenzt es an ein Wunder, im Großraum München ein bezahlbares Atelier zu ergattern. Die Gemeinde Unterföhring bietet zu günstigen Konditionen zwei Ateliers im Bürgerhaus und zwei weitere im ehemaligen Zindlerhaus an. Auf sechs Monate ist der Zeitraum zwar offiziell begrenzt. „Das Anliegen dahinter ist, dass man allen Künstlern, die sich bewerben, die Nutzung eines Ateliers ermöglichen möchte“, erklärt Nagel, „aber wir haben gemerkt, dass das zu kurz bemessen ist“, sagt Florian Nagel vom Kulturamt. Die Künstler dürfen nach Ablauf dieser Frist auf eine Verlängerung von nochmals sechs Monaten hoffen.
Als sie diesen Satz hört, atmet Bettina Zastrow erleichtert auf. Sie ist im November mit Staffeleien, Leinwänden und Farben im zweiten Stock des Bürgerhauses eingezogen. Hell, schlicht, aufgeräumt ist ihr Atelier. Wenn das Fenster offen steht, dringt der Verkehrslärm der Münchner Straße, aber auch das Plätschern des Kugelbrunnens in den Raum.
Dreiecke, Striche, Punkte malt Bettina Zastrow einfach und farbenfroh auf weißen Untergrund. Dazwischen ist viel Raum für Assoziationen: „Meine Bilder sind sehr emotional“, sagt sie. Wenn sie aufgewühlt ist, skizziert sie geometrische Formen in ein Notizbüchlein. Später setzt sie diese in Acrylbilder um.
Ein schlichtes Bild aus sieben schwarzen Punkten und zwei pinken Quadern trägt den Titel „Rubikon“ und erinnert an eine Brücke über einen Fluss. „2003 habe ich eine Grenze überschritten“, sagt sie: „Ich habe mich künstlerisch weiterentwickelt. Das tut mir sehr gut, ich möchte es nicht mehr missen.“
Die Informatikerin ist Autodidaktin und hat seit 2003 einen ganz eigenen künstlerischen Weg beschritten, im Laufe dessen sie auch mehreren Ausstellungen zeigte: „Es macht mich glücklich, Gedanken und Gefühle, die ich im Kopf und in der Seele habe, auszudrücken.“ Die breite Resonanz, die ihre Bilder beim Publikum finden, beflügeln ihre Arbeit.
Wer krachig bunte Bilder liebt, sollte unbedingt bei der französischen Malerin Isabelle Jacquelin-Simbürger vorbeischauen. Bei der 53-Jährigen laufen die Arbeiten auf Hochtouren. Ihre poppig bemalten Schweine und Katzen sind so begehrt, dass die Malerin mit der „Produktion“ kaum nachkommt. Eine Ausstellung im Foyer des Bürgerhauses im vergangenen Herbst hat sie bekannt gemacht, besonders ihre „tierische Kunst“ ist begehrt.
Ihre knallig-bunten Bilder sind stets fröhlich in der Anmutung, oft mit einer ironischen Anspielung gewürzt: So ziert ausgerechnet ein turtelndes Vogelpärchen den Buckel einer Katze.
„Furchtbar gerne“ schmückt die Künstlerin ihre heiß begehrten Schweine. Leidenschaftlich erzählt sie von der Freude am Bemalen: immer neue Assoziationen kommen ihr, wenn so eine weiße, nackte Sau in ihrem Atelier auf ihr ganz individuelles Muster wartet. Anmutige Seerosen zieren den aktuellen Saurücken und wild gemusterte Kois: „Die sollen ja Glück bringen“, das passt zum Schweindl, findet Isabelle Jacquelin-Simbürger. Übrigens ist die Sau mit dem Seerosenteich eine Auftragsarbeit, die nun bald das Atelier verlassen soll, denn Isabelle Jacquelin-Simbürger braucht Platz, sehr viel Platz. Ein 2,20 Meter langer Pferde-Rohling ist bestellt und wird in den nächsten Tagen ins Atelier geliefert.
Das erste Tier mit solchen Ausmaßen, eine Kuh, hat die Künstlerin noch bei sich zu Hause am Dorfangerweg bemalt. „Da wurde es sehr eng im Wohnzimmer“, erzählt die Französin mit bayerischem Einschlag und verdreht in Gedanken an diesen unbehaglichen Zustand die Augen: Immer wieder musste sie die Skizzen und Farben aufräumen, „manchmal auch die Kuh“, es roch nach Lack. „Das hier ist ein Glücksfall“, sagt sie und sie breitet ihre Arme weit aus: „Das ist das Reich meiner Tiere und Gemälde. Ich komme fast jeden Tag hierher.“ Die bunten Farben machen ihr gute Laune. Und den Betrachtern geht das genauso: „Ich habe die Leute beobachtet, die Tiere zaubern ihnen ein Lächeln ins Gesicht.“
Offene Ateliers
Bettina Zastrow öffnet ihr Atelier jeden dritten Samstag im Monat von 12.30 bis 15 Uhr für interessierte Besucher. Isabelle Jacquelin-Simbürger freut sich dienstags und donnerstags von 16 bis 19.30 Uhr über Besucher.