24.09.2004 Sindelfinger/Böblinger Zeitung

Bettina Zastrow stellt Bilder im Höfle aus

Von der Kunst des Marketings

Von unserem Mitarbeiter Thomas Volkmann

Punkt, Punkt, Komma, Strich, fertig ist das Mondgesicht. So hören’s Kinder immer wieder. Malen kann so einfach sein. So unbedarft wie ein Kind geht auch die Böblingerin Bettina Zasterow in ihren Werken vor. Oft zeigen ihre Bilder nicht mehr als ein paar Striche und Punkte, als Abstraktion versteckter Metaphern. Doch sich und ihre Gemälde will Zastrow nicht verstecken, die aktuelle Ausstellung in der Böblinger Stadtbibliothek ist nur ein Teil eines offenbar geschickten Marketings.

Erst im Sommer 2003, also gerade mal etwas mehr als zwölf Monate zurück, entdeckte die seit 1970 in Böblingerin wohnhafte Informatikerin und derzeit als technische Redakteurin tätige Bettina Zastrow ihre künstlerische Ader. Etwa 40 Bilder sind seitdem entstanden, dazu rund 100 Skizzen, 14 davon hängen jetzt in der Stadtbibliothek. Acryl auf Leinwand heißt die Technik, geometrische, abstrakte Formen und Linien dominieren, die fahrenden sind fröhlich bunt, jedoch schlicht und meist in Kontrast zu schwarzen Elementen der Bildkomposition stehend.

Man mag diese Bilder einfach, banal oder beliebig finden, manchem sind sie vielleicht auch Stichwortgeber für eigene Gedanken. Sie zu malen jedenfalls ist Bettina Zastrow ein großes Bedürfnis. „Ich übertrage nur die Bilder aus meiner Gedankenwelt auf die Leinwand, denn ich habe erkannt, dass ich diese Bilder malen muss, denn nur ich kann sie sehen. Durch die Kunst werden meine Gedanken auch für andere sichtbar“, schreibt sie in ihrem Minikatalog.

Die Herrenberger Kunstkennerin Susanne Binkowski attestiert der 35-jährigen „hohe geistige und handwerkliche Konzentration“ und den „Zugang zu einer anderen Ebene, die den Weg zu unserem Unterbewusstsein öffnet. Die abstrahierten Formen entpuppen sich als Metapher für tiefe Eindrücke und Erfahrungen.“ Im Falle der dreiteiligen Serie „Weinender Zauberer“ fühlt sich Binkowski gar an Picassos blaue Periode erinnert.

Bettina Zastrow hat dabei unter jeweils identische, mit schwarzem Pinselstrich skizzierte Zaubererzylinder je eine orange, grüne und blaue Träne gesetzt. „Der Betrachter soll empfinden, nicht analysieren“, heißt es in einer Presseerklärung der Malerin, die Wert darauf legt, ihre Kunst nicht einer künstlerischen Elite, sondern allen Interessierten zu präsentieren. Eine seltsame Formulierung, denn wollen genau dies nicht auch alle anderen Künstler?

Betrachtet man die Vielzahl von Aktionen, mit denen Bettina Zastrow mit ihren Bildern und ihrer Kunst in die Öffentlichkeit tritt, dann hat die weder über eine künstlerische Ausbildung noch über detaillierte kunsthistorische Kenntnisse verfügende Böblingerin vielen Künstlern eines voraus: ein Händchen für ein künstlerisches Marketing.

Das äußert sich nicht nur in der Ausstellung „Im Höfle“, sondern aktuell auf Initiative des Böblinger Stadtmarketing-Vereins auch in der Präsenz in einem Schaufenster eines leerstehenden Ladengeschäfts im Citicenter, weitere Werke werden vom 15. November bis Ende des Jahres im Fitness-Studio Bananas auf der Hulb zu sehen sein.

Doch nicht genug. Kunstkarten sind in Vorbereitung, ein eigener Internetshop ganzjährig geöffnet (www.zastrow-art.de) und zudem ein ewiger Jahreskalender fertig, der durch fehlende Tages- und Wocheneinteilungen dem Schicksal der Vergänglichkeit entgeht, dafür aber über Raum für ein Firmenlogo bietet. Das Titelblatt ziert übrigens Bettina Zastrows Lieblingsbild: Darin erkennbar ist eine nach oben ansteigende Fieberkurve, wie sie gerne in Wirtschaftsprognosen und -entwicklungen verwendet wird. Kunst ist bei ihr offenbar auch eine Frage eines geschickten Marketings.