19.11.2005 Kreiszeitung Böblingen

Jahresausstellung des Kunstvereins Böblingen

Bilder im rechten Maß wie Perlen an einer Kette

Böblingen – unter das Wort „Der Mensch ist das Maß aller Dinge“ hat der Böblinger Kunstverein seine am Samstag in der „galerie contact“ eröffnete Jahresausstellung gestellt. 70 x 70 Zentimeter durften Bilder und Objekte messen, die Eingang in die Jahresschau finden sollten.

Von Jutta Rebmann

Und so nahm Gabriele Pfaus-Schiller bei jedem eingelieferten Opus den Zollstock zur Hand und maß nach: nicht immer war das vorgegebene Maß eingehalten worden, nicht immer stimmte das Reihen messbare mit dem „gefühlten“ Maß überein, so die Vorsitzende in ihrer Eröffnungsrede. Wenn allein das Messbare den Wert eines Kunstwerkes ausmacht, dann ist diese Jahresausstellung eine wunderbare homogene Bilderwelt, die auf den Betrachter in der „Draufsicht“ außerordentlich harmonisch wirkt. Eine lange Reihe von Bildern wie Perlen auf einer Schnur aufgereiht. Bei näherem Hinsehen überwindet Bild für Bild das Maß, erfüllt es mit seinem Eigenleben, macht auf sich aufmerksam und will die Blicke festhalten, die sich manchmal schon lösen und sich verstohlen dem Kunstwerk rechts und links zuwenden wollen. „Gleiches Maß für alle Bilder, das ergibt ein Gleichmaß“, sagt Gabriele Pfaus-Schiller, und „Kunst muss sich dem Maß unterordnen, aber aus dieser Beschränkung entsteht eine neue Freiheit“.

Eine Freiheit, die 58 Künstlerinnen und Künstler, das ist fast ein Viertel der Mitglieder des Böblinger Kunstvereins, dazu genutzt haben, ihre Ansicht über Mars und Maße ins Bild oder ins Objekt zu setzen. Passend zum Thema der Ausstellung brachte die Reutlinger Performance-Künstlerin Svenja Noa Fischer ihre Sicht auf die Ausstellung auf das Wort des Protagoras „Der Mensch ist das Maß aller Dinge“ in Tanz und Stimme zum Ausdruck. Einer lang mäandernden Papierrolle hatte sie eine Anzahl derer Menschen ausmachende Weisheiten anvertraut, die sie in schmale Streifen zerteilt, dem Publikum austeilte. „Wer kann Maß halten“ fragt Silke Hemmer in ihrer Lichtinstallation. Da wird das Maßband von zwei Mädchen gehalten, exakte 70 cm werden angezeigt, doch bleibt das so, wenn sich der Blick verändert? In Christl Schneiders an mittelalterliche Tapisserien erinnernden Bild „Lebenszeit“ rinnt der Sand unerbittlich durch die Uhr der Zeit, daran ändern auch die Flügel nichts, die Schlange versperrt den Weg zu den Rosengärten des Paradieses. Klaus Kuglers Baumeister-Serigrafie verbindet Baukunst des Mittelalters mit dem vorgegebenen Maß.

„Was ist das Maß aller Dinge?“, fragt sich Gudrun Renner auf ihrer auf Fotoleinen übertragenen Fotografie. Eine Arbeit, die so bald nicht mehr möglich sein wird, denn das Material Fotoleinen wird im Zeitalter der digitalen Fotographie nicht mehr hergestellt.schön die „Spirale“ Bettina Wurms aus abgeflammten Bändern. Zu einer aparten Kompositionen hat Ariane Beuke Maßbänder in ihrem Bild „L“ ineinander verflochten. Vieles gibt es zu sehen und zu entdecken. Nicola Schellhammer und Claudia Fischer-Walter, Ausstellungsleiterinnen des Kunstvereins, haben mit dieser Ausstellung einen ansprechenden Rahmen geschaffen, den hohen Leistungsstandard der im Kunstverein aktiven Künstlerinnen und Künstler einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.

Die Ausstellung in der Böblinger „galerie contact“, Marktgässle 4, ist noch bis zum 27. Npovember (sic!) zu sehen und wie folgt geöffnet: dienstags bis samstags von 14 bis 17 Uhr, sonntags von 11 bis 17Uhr.